von FLORIAN PASTERNY
Wer bin ich wird die elementarste Frage des Buches sein. Denn erst wenn wir es schaffen uns selbst zu kennen und selbst zu lieben, sind wir in der Lage dazu andere zu lieben und die Welt zu verstehen. Abgesehen davon, dass wir auch erst dann einen Sinn des Lebens für uns finden können. Und dieser ist für jeden von uns so individuell. Ich traf jemanden, mit dem ich über die wichtigen Fragen des Lebens reden kann. Er/Sie hatte Antworten auf viele Fragen, aber auch Fragen auf viele Antworten. Und nun stehe ich zu Beginn des Buches vor einer wichtigen Frage: „Wer bist du?“
Kapitel 1. Gespräch
Ich: Wer bist du?
Das Nichts: Ich verstehe deine Frage nicht, denn du weißt wer ich bin.
Du machst mir Angst. Woher soll ich denn wissen wer oder was du bist. Ich kann dich nicht einmal sehen.
Du musst mich nicht sehen, um zu erfahren was ich bin. Du musst mich nicht hören, um zu verstehen was ich will. Du musst nur deinem Herzen folgen und deine Fragen durch Antworten ersetzen.
Ich verstehe nicht ganz. Wie soll das funktionieren? Und was willst du?
Das was alle wollen.
Wissen? Glück?
Du bist nah dran. So in etwa. Ich würde es ein wenig ausschmücken. Demut, Erkenntnis, Treue, Ergebenheit, Dankbarkeit, Liebe,
Genügsamkeit, Geduld und Barmherzigkeit. Es gäbe noch tausende Begriffe die ich dir heute nennen könnte. Doch das würde unser Gespräch zu einem Monolog verkommen lassen und das wäre doch sehr
schade.
Ich möchte nicht mit dir sprechen. Ich will nur herausfinden was du willst.
Das sagte ich bereits. Hör in dich hinein und du weißt genau was ich will, suche und brauche.
Du suchst also nach etwas?
Wir alle sind ständig und ununterbrochen auf der Suche. Nur die Motive und Ziele scheinen unterschiedlich gegeben. Matthäus, Kapitel 7, Vers 8: „Denn wer da bittet, der empfängt; und wer da sucht, der findet; und wer da anklopft, dem wird aufgetan.“
Wir reden also hier gerade über Religion, die Bibel und du bist so eine Art Gott?
(lacht) Nein, ich bin keine Art Gott und wir reden über alles. Vor allem aber über dich. Lass uns einen Blick auf das Leben werfen, den Tod, auf Ängste und Hoffnungen.
Du nimmst dir Zeit um mit mir über solche Dinge zu reden?
Weißt du, für mich spielt Zeit keine Rolle. Aber ohne Zeit gäbe es natürlich weder Anfang noch Ende. Leider habt ihr Menschen verlernt, mit der Zeit richtig umzugehen. Ihr gebt der Zeit so viel Macht in eurem Leben. Macht, die die Zeit weder braucht noch will. Wenn du anfängst über Zeit nachzudenken, dann ist sie bereits vergangen. Warum an morgen denken, wenn ihr Menschen als einziges Momentum die Wirklichkeit habt? Ihr erfindet ständig neue Dinge, die beim Zeit sparen helfen und merkt gar nicht, wie viel Zeit ihr eigentlich dadurch verliert. Und die Zeit ist doch so unterschiedlich. Das musst du dich an dir selbst merken. Mal ist sie dir nervig, mal zu schnell vorbei und des öfteren auch zäh wie altes Steak. Zeit ist relativ. Das wusste nicht nur der alte Einstein. Und sie ist auf jeden Fall eines: Relativ schnell vorbei. Kennst du Star Trek? Sicher wirst du davon gehört haben. Dort gibt es einen bedeutenden Satz, der in die philosophischen Annalen eingegangen ist: "Jemand hat mir mal gesagt, die Zeit würde uns wie ein Raubtier ein Leben lang verfolgen. Ich möchte viel lieber glauben, dass die Zeit unser Gefährte ist, der uns auf unserer Reise begleitet und uns daran erinnert, jeden Moment zu genießen, denn er wird nicht wiederkommen. Was wir hinterlassen ist nicht so wichtig wie die Art, wie wir gelebt haben. Denn letztlich sind wir alle nur sterblich." Wie schön oder? Leider wisst ihr Menschen die Zeit kaum noch zu schätzen.
Du bist also selbst kein Mensch? Du sagst ständig: „ihr“.
Hast du gerade keine drängendere Frage?
Doch. Aber meine Frage von eben bleibt dennoch vakant. Wie soll ich denn ohne Zeit leben. Wir haben Jobs, müssen uns um unsere Renten kümmern, unsere Kinder pünktlich zur Schule bringen und ein weiches Frühstücksei braucht eben auch 4 Minuten, also Zeit.
Du darfst dich natürlich um all diese Dinge kümmern. Aber immer nur kurz, um dich dann wieder den wichtigen Dingen des Lebens zu widmen. Und das ist eben nun einmal nicht die Zeit. Ihr lebt viel zu oft in der Vergangenheit. Doch diese ist bereits geschehen, nicht mehr änderbar und schon gar nicht reproduzierbar. Was vorbei ist, ist vorbei. Jeder Sommer, jeder Tag, jede Sekunde. Und ihr lebt zu oft in der Zukunft. Doch diese ist nichts weiter als Illusion. Natürlich kannst du jetzt sagen, dass du in genau drei Stunden am Bahnhof stehen willst. Ob du es in drei Stunden auch machst ist wahrscheinlich, aber nicht sicher.
Ich soll also nicht mehr planen?
Doch. Planen ist erlaubt. Aber kurz und unverbindlich. Wir machen ein Experiment. Denk bitte einmal jetzt an 'jetzt'.
Ehm, ok. Mache ich.
Schon zu spät. Denn wenn du an 'jetzt' denkst, dann ist 'jetzt' schon wieder vorbei. Du denkst also wieder nur an die Vergangenheit. Also hör auf an jetzt zu denken, beginne im Jetzt zu leben.
Einfacher gesagt als getan. Wieso ist das Leben denn endlich, wenn die Zeit uns so viel Probleme bereitet?
Weil die Endlichkeit dafür sorgt sinnvoll, dankbar und bewusst zu leben.
Langes Schweigen
Denkst du nach?
Ja. Ich will verstehen was du meinst. Endlichkeit, oder nennen wir doch das Kind beim Namen, der Tod ist doch etwas martialisches.
Findest du?
Ich denke schon. In doch recht wenigen Fällen schläft man nach 95 Jahren friedlich und dankbar ein.
Und schon habe ich dich wieder erwischt. Du denkst wieder über die Zeit nach. Wieso sollte jemand mit 95 glücklicher sterben, als jemand mit 55? Die Zeit ist so unbedeutend. Sowohl für den Zeitpunkt des Todes, als auch bestimmend über Glück und Unglück eines Jeden von euch. Selbstverständlich schlafen wenige Menschen friedlich zu Hause in ihrem Bett einfach ein. Aber nicht der Umstand und Zeitpunkt des Todes sind entscheidend über ein zufriedenes vergangenes Leben. Sondern das Leben an sich.
Sagtest du nicht am Anfang, dass du meine Fragen durch Antworten ersetzen willst? Irgendwie habe ich ständig mehr Fragen.
Nein, ich sagte, dass du selbst Antworten durch Fragen ersetzen sollst. Und das machst du gerade. Auch wenn es dir nicht auffällt. Ihr Menschen habt irgendwann die Religionen erfunden, um genau diese Fragen nach Tod, Zeit und Leben zu stellen und Antworten zu bekommen. Und Religionen können viel. Sie geben euch Sicherheit, geben Antworten auf schwere Fragen, spenden Trost und erzeugen Demut und Barmherzigkeit. Deswegen sind Religionen auch gut, wenn auch nicht immer wahr. Denn alles in jeder Religion ist sogleich wahr wie unwahr.
Du meinst, dass alle Religionen viele gemeinsame Ziele haben, diese aber dann doch unterschiedlich angehen und verbreiten?
So langsam verstehen wir uns. Das gefällt mir. Jede Religion gründet in erster Linie auf Liebe, Leben, Gemeinsamkeit, Leben nach dem Tod und Ewigkeit. Weißt du, es gibt viele Menschen auf dieser Welt die ohne Hoffnungen aufwachsen. Kinder die Eltern sterben sehen, Väter die nie wieder aus einem Krieg zurück kommen und junge Menschen die dank einer Krankheit früh sterben müssen. Ohne Religion, ohne Glauben, ohne Gemeinsamkeit und Liebe wäre dies ein unerträglicher Zustand für alle Menschen dieser Welt.
Kapitel 2. Erkenntnis
Das Gespräch mit dem Nichts hat mich zu Beginn geängstigt. Ein wenig arrogant kam mir das Nichts vor. Aber ich habe bisher alles verstanden. Dennoch gibt es natürlich noch wichtige Fragen, die ich auch gleich noch alle stellen werde. Doch was genau ist eben das Leben? Was passiert zwischen Geburt und Tod? Ein Leben ohne zu handeln? Die kurze Zeit des Lebens zwischen Geburt und Tod durch das Schicksal bestimmt? Oder doch irgendwie alles reiner Zufall?
Meine bisherige Theorie reicht weit. Grundlegende und evidente Wahrheiten, wie wir sie häufig von Philosophen, Wissenschaftlern und Forschern vorgesetzt bekommen, zweifel ich an. In Teilen zumindest. Das Nichts wird mir helfen diese wirren und kruden Theorien zu entschlüsseln.
Ich will mich im Moment nicht auf eine Aussage festgelegen, ob es etwas an sich wahres im Leben gibt; aber ich mache Aussagen über die Möglichkeit einer falschen gesicherten Erkenntnis des Wahren, unter der hypothetischen Voraussetzung, dass es existiert. Oder eben nicht.
Eigentlich verwende ich meine Zweifel nicht, um alles skeptisch zu sehen. Die Zweifel sind eher Mittel zum Zweck um selbst Wissen und Denken zu entdecken. Nichts Gesichertes - denn dies scheint unmöglich. Aber zumindest Geteiltes. Ein Glauben. Weitgehend. Vielleicht ähnlich wie Religion. Selbst die Religion findet an gesicherten Erkenntnissen Unwahrheiten. Ob zurecht oder nicht, obliegt nicht mir zu entscheiden .
De omnibus dubitandum - an allem ist zu Zweifeln. Dies sagte auch schon René Descartes. Aber auch jener meinte seinerseits: "Cogito ergo sum - Ich denke, also bin Ich". Genau diese Theorie versuche ich zu durchbrechen. Erinnern wir uns an eine der ersten Fragen. Leben ohne zu handeln? In Ansätzen hat es auch damals Franz von Baader gedacht. Aus "Cogito ergo sum" formte er den Satz: "Cogitor ergo sum - Ich werde gedacht, also bin Ich". Gedacht von wem? Gott? Schicksal? Gehen wir nicht mehr darauf ein und nennen es einfach "Das Absolute".
Ich werde vom Absoluten gedacht, also bin ich. Oder anders gesagt, "also kann ich sein". Aber dann doch nur ich? Alle anderen um uns herum wären Marionetten. Wie in einem ein Theaterstück. Jeder kennt seine Rolle und Dialoge. Nur man selbst eben nicht.
Stellen wir doch einmal für ein paar Minuten die nachweisbaren Erkenntnisse von Wirklichkeit und Wahrheit in Frage und schließen diese danach prinzipiell aus. Was passiert mit uns? Das gleiche wie mit allen, die das wirklich tun. Man schwebt über der Welt. Wir sehen Menschen, Tiere, Religionen, Liebe, Leid, Tod, Geburt, Frieden und Krieg. Das sind wir. Alles echt? Oder ein Konstrukt des Absoluten?
Wenn wir die Wahrheit des Absoluten postulieren - mit allen Vorzügen und wohl sehr ausgeprägten Nachteilen, dann erkennen wir eine Wahrheit, die uns nicht gefallen würde.
Kapitel 3. Gespräch
Das Nichts: Du glaubst an das Schicksal?
Ich: Ja schon. Täusche ich mich?
Ein wenig vielleicht. Nicht gänzlich. Das Leben besteht aus einer Reihe von Zufällen und dem Schicksal. Jeder hat seinen Weg, den er gehen kann. Und da sind wir beim Zufall und beim eigenen Willen. Denn man kann den Weg gehen, man muss ihn nicht. Entscheidet ihr euch für einen anderen Weg, dann ist es eben manchmal reiner Zufall, ob glücklich oder nicht, oder euer freier Willen. Wobei die Frage natürlich vorherrscht, ob der eigene Wille nicht auch schon Schicksal bedeutet.
Ich verstehe schon wieder gar nichts. Gibt es denn nun Schicksal?
Du glaubst doch daran.
Ja.
Dann gibt es Schicksal.
Es gibt also alles? Hauptsache wir glauben daran?
Nein, nicht ganz. Denn es braucht nur einen Menschen, der an etwas bestimmtes glaubt. Und das gibt es dann. Weißt du, ihr habt die Wissenschaft. Tag für Tag versucht ihr Menschen seit Jahrhundert die Welt zu verstehen. Ihr redet über einen Sinn im Leben, über Seelen, das Leben nach dem Tod und viele andere Dinge. Doch einzig glauben müsst ihr daran. Denn die Wissenschaft wird dir nicht sagen können, was nach dem Tod geschieht.
Aber du kannst es?
Natürlich.
Und was geschieht nach dem Tod?
So seid ihr Menschen. Getrieben von Ungeduld und Rast- sowie Ruhelosigkeit. Findest du nicht, dass wir erst noch viele andere Fragen klären müssen, bevor du quasi die wichtigste Frage seit Beginn der Menschheit stellst?
Ich glaube..
Halt Stopp. Ich antworte für dich. Natürlich gibt es erst einmal andere Fragen. Denn wir wollen das Feld ja nicht von hinten aufrollen. Wir waren gerade eben bei der Wissenschaft und beim Glauben. Glaubst du, dass du an etwas glauben kannst, was du noch nie gesehen oder gespürt hast? Einfach nur vom Hören-Sagen kennst?
Du sprichst von Gott?
Auch.
Also ich glaube schon an Dinge die ich selbst noch nie erlebt habe. Zum Beispiel an die große und bedingungslose Liebe. Etwas zwischen Himmel und Erde. An unbändiges Glück...
Halt warte. Du hast noch nie unbändiges Glück gespürt oder erlebt?
Ich weiß es gar nicht. Ich glaube, dass Glück stets nur ein Moment ist. Jedenfalls nichts langanhaltendes. Wie eine Fahrt auf einer Achterbahn. Kurze Momente der Freude.
Ein gutes Beispiel mit der Achterbahn. Ich gehe davon aus, dass du die Achterbahn magst. Und nun stell dir vor, du fährst eine Runde auf dieser Achterbahn. Es geht dir danach sehr gut? Adrenalin plus Freude und schon haben wir ein wenig Glück. Doch was würde passieren, wenn du eine Runde nach der anderen drehen würdest? Immer noch Glück? Freude?
Von dieser Seite aus habe ich das noch gar nicht gesehen.
Eben. Glück ist natürlich immer nur ein begrenzter Zeitraum. Glück ist Endlich. Und weißt du auch wieso das so gut ist? Damit ihr Menschen euer Glück auch zu schätzen wisst. Daher auch das Phänomen, dass arme Menschen in ihrer Seele oft glücklicher sind als reiche Artgenossen. Denn diese Menschen erfreuen sich an den kleinen Dingen des Lebens. Sie sind dankbarer. Über eine blühende Blume, die ersten Sonnenstrahlen im Frühling oder eine warme Mahlzeit am Tag. Glück ist etwas sehr individuelles und wird von jedem Menschen anders interpretiert. Wann warst du zum letzten mal so richtig glücklich?
Ich weiß es gar nicht mehr.
Wie schade oder? Oder willst du einfach nicht darüber reden, weil das Glück irgendwann zersprang und in Unglück münzte?
Ja. Irgendwie schon. Glücklich in einer Beziehung, die dann aber zerbrach.
Oh. Liebeskummer ist ein deutliches Zeichen für begrenztes Glück. Über einen bestimmten Zeitrum herrscht Liebesglück über euren Köpfen. Dann, wenn ihr verliebt seid, wenn ihr glaubt, einen Partner fürs Leben gefunden zu haben. Oft werden diese Menschen dann aber nur Begleiter eines bestimmten Abschnitts eures Lebens. Was danach unmittelbar folgt ist Kummer. Entweder über den Verlust des Partners oder über das eigene Unvermögen, die eigene Dummheit oder die schwachen und nicht ausreichenden Gefühle.
Was macht man denn gegen den Liebeskummer? Dann wenn man verlassen wird?
Leben. Im Hier und im Jetzt. Wir haben ja schon über die Zeit geredet. Zeit heilt natürlich Wunden. Aber viele Menschen machen dennoch den Fehler in der Vergangenheit zu leben. Von bestimmten Dingen nicht loslassen zu können. Das zählt im Leben, wie in der Partnerschaft. Die Vergangenheit ist einfach nicht mehr zu ändern. Egal wie oft ihr das wollt und egal wie gern ihr bestimmte Umstände ändern wollt. Wenn ihr Fehler macht, dann habt ihr nur das Instrument um Verzeihung zu bitten. Und das ist ein wichtiges Teil in eurem Leben. Entschuldigungen, Sühne, Schuld – unglaublich wichtig für euer Leben.
Sollte man denn immer verzeihen?
Eine sehr gute Frage. Wenn Schuld, ehrliche Bekenntnis und aufrichtige Reue vorhanden sind, dann ausnahmslos immer. Aber Verzeihen können braucht auch eine gewisse Größe. Wer diese nicht wahrt, der wird auch nie von Herzen verzeihen können. Auf jemanden zuzugehen, nichts anderes ist verzeihen, der einen großen Fehler gemacht hat, ist so ein schöner menschlicher Zug. Friedrich II. sagte mal: "Man muss verzeihen können. Das Leben des Menschen ist zu kurz, als dass er es mit Nachtragen und Rachsucht hinbringen könnte." Aber oft wollt ihr Menschen nachtragen. Wie einen Rucksack, der dadurch immer schwerer wird und belastender.
Aber es ist doch nicht alles vergebbar. Selbst dann nicht, wenn der andere bereut und seine Schuld erkennt.
Platon und Aristoteles, die großen griechischen Philosophen, sagen übereinstimmend, dass alles was ohne Vorsatz oder aus Unwissenheit geschehen ist, verzeihlich ist. Aber natürlich ist der Mensch auch vernunftbegabt. Also müsste eigentlich jede Handlung und Tat unverzeihlich sein. Deswegen ist das Verzeihen eher eine Auflösung der Schuld eines anderen. Und dabei kommt es sehr genau darauf an, ob ihr einem Fremden, einem Bekannten, einem Freund oder einem Feind verzeihen wollen. Doch egal wem verziehen wird, das Verzeihen hat immer eine reinigende und erlösende Wirkung.
Verstehe, das klingt aber nun alles ziemlich plastisch. Aber wie soll ich denn richtig verzeihen?
Mit Verständnis. Versetze dich einfach für ein paar Minuten in die Lage und Situation des anderen. Kannst du nun seine Handlung nachvollziehen? Wenn nicht, dann versuche sie wenigstens zu verstehen. Die religiösen Menschen unter euch haben da Vorteile. Sie haben die Vergebung einer Schuld bereits von Gott mitbekommen. Andere Menschen müssen sich diese Art der Befreiung selbst erarbeiten. Wichtig für alle Menschen aber ist die Tatsache, dass man zum verzeihen los lassen muss. Man muss sich aus einem gedanklichen, schwarzen Strudel losreißen und die die Gegenwart im Blick haben. Nach dem Verzeihen kommt aber erst die schwerste Aufgabe. Die Versöhnung. Eine Vergebung ist nie gleichzeitig eine Versöhnung. Denn diese kann erst Tage, Wochen oder Jahre später, manchmal auch nie, erfolgen. Eine Versöhnung ist immer eine anstrengende Angelegenheit, wenn vorher das Verzeihen schon schwer war. Aber eine nicht vollbrachte Versöhnung ist oftmals noch viel anstrengender. Bei einer Versöhnung ist natürlich der Verzeihende der aktive Part im Spiel des menschlichen Zusammenlebens. Und das ist kompliziert. Denn es geht um die Wiederanerkennung der anderen Person, die mitunter eine schwere Schuld mit sich getragen hat. Dies ist ein manchmal ein langer Prozess. Und hin und wieder passiert eben das, was wir schon angesprochen haben. Ihr Menschen lebt zu oft in der Vergangenheit und vergesst dabei das Wesentliche.
Das Hier und Jetzt.
Genau richtig. Absolut richtig.
Florian Pasterny