von FLORIAN PASTERNY
Die Deutschen sind stolz auf ihren Umgang mit dem Holocaust, dem Dritten Reich und Israel. Konterkariert doch einzig die Verwendung von großen und stolzen Mahnmalen das Vergessen der Geschichte. Unsere Mahnmale sind nichts weiter als institutionelle Heucheleien der Ewiggestrigen. Auschwitz verkommt zur Vergnügunsplattform frühreifer Studenten und Schüler, die Mahnmale in Berlin für Juden, Homesexuelle und Sinti und Roma sind nichts weiter als protzende Scheinheiligkeiten und Gleisnereien.
Die Inhaltsleere der Mahnmale in Berlin ist fast schon gespenstisch. Die Hierarchie der Nazis wurde 1:1 übernommen. Der größte Feind der Nazis, der Jude, bekommt das größte Mahnmal. Danach kommen die Sinti und Roma, dann die Schwulen und Lesben und am Ende des Rattenschwanzes lungern die Behinderten. Dieses hierarchische Größenmodell der Nazis boykottiert die Ernsthaftigkeit eines solchen Gedenken.
Es ist natürlich unheimlich einfach an den Holocaust, die Befreiung Auschwitz, das Ende des 2. Weltkrieges und viele andere Daten zu erinnern. Es kostet nichts, ist wohlfeil und am Ende free of charge. Und es macht vor allem eins: Es tut der deutschen Seele gut, die angestrengt versucht, den jungen Menschen unserer Republik die Wahrhaftigkeit und Aktualität des Dritten Reiches näher zu bringen.
Gleichzeitig spricht der Deutsche vom Existenzrecht Israels. Israel und sein Existenzrecht sind viel bedeutender als die Egos so manchen deutschen Politikers und Kritikers. Allein schon, dass man stolz darauf ist, Israel das Existenzrecht zuzuerkennen, zeigt den wachsenden und unterschwelligen Antisemitismus dieser Republik. Keinem anderen Land dieser Welt muss erst das Existenzrecht zuerkannt werden. Dieses setzt ja sowieso voraus, dass man zumindest vorhatte, es abzuerkennen. Der Sudan, Nordkorea, der Iran, Birma - bei keinem Land streitet die Welt über Existenzrechte und das Recht zu leben.
Der proaktive Antisemitimus ist gefählich auf dieser Welt. Denn dieser hat nur ein Ziel: Die Delegitimierung des Landes Israel um damit die Vernichtung eines ganzen Volkes zu rechtfertigen. Jakob Augstein ist ein Antisemit. Da bin ich mir sicher. Der Verleger nutzt die Analogie der NS-Terminologie und kehrt Opfer und Täter um. Augstein sagt, Israel ist eine "Besatzungsmacht" und er glaubt, "Israel gefährde den Weltfrieden" und suggeriert, "die Gewalt in der Welt nutze den Wahnsinnigen und den Skrupellosen, also den US-Republikanern und der israelischen Regierung".
Für viele Deutsche wäre die Israel-Frage kein Problem mehr, wenn irgendein Land, nennen wir es Iran, Israel vernichten würde. Dann würde die Welt und besonders Deutschland nicht mehr über den Holocaust reden. Denn die Erinnerung an schreckliche Ereignisse wird durch jüngste noch schrecklichere Ereignisse konterkariert. Deutsche Familien würden hier und da einen kleinen Juden adoptieren, man würde beim Wiederaufbau helfen und hätte sich so eine reine weiße Weste erarbeitet. Für alle Zeit. Das schlechte Gewissen wäre weg, der Widerstand, den unsere Großeltern ruhmreich verkackt haben, könnte zu Tage treten und man würde an der Seite Amerikas gegen den Iran zum Angriff blasen. Ja, am Ende würde man sogar noch als Retter Israels gefeiert werden und alle Probleme mit dem Holocaust wären auf einen Schlag weg.
"Israel gefährde den Weltfrieden"
So einfach macht es den Deutschen vermutlich keiner. Nicht einmal die dreckigen Nazis von nebenan. Diese Holocaust-Leugner, verkackten Existenzen und gestören Persönlichkeiten wie Holger Apfel oder Udo Pastörs sind nichts weiter als verkleidete Nazis im Casperleverein NPD. Man kann sie einfach nicht ernst nehmen.
Henryk M. Broder saß einmal im Flugzeug auf dem Weg nach Tel Aviv. Vor ihm sitzen zwei junge Deutsche und unterhalten sich. Auf einmal fragt der eine: "Wo ist Tel Aviv eigentlich?" Bevor der andere junge Mann antworten kann, lehnt sich Broder nach vorne und fragt, wieso die beiden nicht wüßten wo sie hinfliegen. Da antwortet der andere: "Wir haben Last-Minute gebucht und wollten einfach in die Sonne." So frei und stolz kann ein Mensch sein, der keine Ahnung von Geschichte hat - und das tut, in diesem Fall, so gut.
Florian Pasterny