Respekt, Anerkennung und Würde - Attribute die jeder Mensch, gleich welcher ethnischen Herkunft, Religion, Vergangenheit und Gegenwart für sich beanspruchen darf und muss. Ein tolerantes Miteinander als Ziel einer deutschen Gesellschaft. Denn die Integration ist nicht an den Migranten gescheitert, wenn sie denn überhaupt gescheitert ist, sondern an der Wechselwirkung zwischen Migranten und den hier bereits Lebenden. Mehr als 15 Millionen Menschen leben in Deutschland, die aus anderen Ländern stammen.
Sie weilen mitten unter uns. Nicht isoliert, nicht abgeschirmt und nicht versteckt in irgendwelchen Großstadtghettos. Der Mythos einer integrationsunwilligen Gesellschaft gehört zerstört. Integration ist mittlerweile ein Thema im Pissbereich der deutschen Diskussionslaterne und die Mehrheitsgesellschaft, wie die Migraten, haben sich in ihren Vorurteilen festgefahren.
"Multikulti ist gescheitert", dies lies Bundeskanzlerin Merkel 2010 verlauten. Damit stellte sie sich an die Seite Horst Seehofers (Ministerpräsident Bayern, CSU). Dieser fand noch drastischere, fast martialische Worte: "Wir als Union treten für die deutsche Leitkultur und gegen Multikulti ein - Multikulti ist tot." Verehrter Herr Seehofer, wenn Sie zwischen Greding, Wemding, Hemau und Windsbach (Ortschaften in Bayern) unterwegs sind, könnte für Sie der Eindruck vielleicht entstehen, dass Multikulti nicht existent ist. Doch hier hilft der berühmte Tellerrand, über diesen auch mancher Spitzenpolitiker schauen sollte. Denn in Köln, München, Berlin oder Hamburg darf Multikulti keineswegs als gescheitert betrachtet werden. Im Gegenteil. Das Märchen einer gescheiterten Integration ist eines ohne Happy End und mit Cliffhanger. Man suggeriert den Menschen in Deutschland, dass Integration nicht funktionieren kann, solange die Migranten nicht wollen.
"Multikulti ist tot"
Ich mag die Wörter Migranten, Deutsche, Türken, Ausländer, Einheimische und Co. nicht. Wir sind Menschen und wir verdienen Respekt. Wir müssen die Integration nicht neu erfinden, wir erfinden gleich die ganze Welt neu. Denn mi casa es su casa - mein Haus ist dein Haus - mein Land ist dein Land. Lasst die Menschen leben, ihre Religion ausleben und ihre Kultur behalten. Ich möchte keinen deutschen Einheitsbrei in diesem Land. Ich möchte bunte Gedanken und Vielseitigkeit, Toleranz und Würde, Respekt und ein friedliches Miteinander. Schluss mit den Vorurteilen und Ängsten. Ein Moslem ist kein Terrorist, ein Christ kein Ausländerhasser, ein Jude kein Verbrecher und ein Türke kein Proll, ein Kölner nicht schwul, ein Münchner nicht elitär, ein Bänker nicht staubtrocken, ein Lehrer nicht faul und die Jugend nicht verkorkst - wir sind Menschen. Denn es gibt keine Ausländer und Deutsche - es gibt nur Menschen. Es gibt keine Schwulen und Heteros - es gibt nur Liebe.
Leider gibt es die Empörcasper der Gesellschaft, die tagtäglich Zahlen und Fakten zu jeglichen Negativereignissen finden. Sei es nun die hohe Zahl ausländischer Straftäter, ausländischer
Sozialhilfeempfänger oder ausländischer Hauptschüler. Doch dies ist Augenwischerei und lässt sich leicht umkehren. Noch nie gab es so viele Ausländer, die ihr Abitur machen. Noch nie gab es so
viele ausländische Studenten, ausländische Arbeitgeber, ausländische Steuerzahler und ausländische Mitbürger in Spitzenpositionen. Eine Steigerung von 30 bis 40 % in den letzten 8 Jahren. Das
hält keine Kriminalstatistik oder Hartz-IV-Erhebung stand.
Multikulti kann gar nicht gescheitert sein, denn es fängt gerade erst an. Natürlich muss man die Ängste der Menschen ernst nehmen, die eine multikulturelle Gesellschaft fürchten. Aber dies darf keine Hürde, keine Resignation darstellen. Im Gegenteil - diese Menschen müssen wir an die Hand nehmen, ihnen Augen öffnen, Toleranz abfordern und ihnen zeigen wie toll Ali, Ivan, Claudelle und Fatima sind. Wir müssen ihnen zeigen, welch Bereicherung ein multikulturelles Zusammenleben darstellt und welche Freude Toleranz und Respekt mit sich bringen.
Die CSU, Sarazzin, die NPD und andere finstere Gestalten sollten aufhören Zwangsassimilation zu fordern. Denn Assimilation ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit. Das Prinzip Cuius regio, eius religio ("wessen Gebiet, dessen Religion") ist stark menschenverachtend und hat mit Toleranz und Respekt nichts zu tun. In Westeuropa haben wir erst seit über 60 Jahren Frieden. Und wir dürfen nach diesen 60 Jahren nicht glauben, dass unsere Kultur und unsere Gesellschaft die Ultima Ratio für die Menschheit sei und an der Spitze jeglicher Form des Zusammenlebens steht.
Auch eine noch so lautstarke Artikulation der Forderung nach Gleichmacherei, auch eine noch so häufige Wiederholung überheblicher, rassistischer Pauschalvorwürfe gegen ganze Gruppen von Menschen können nicht darüber hinwegtäuschen, dass sich immer mehr Menschen einem Weg verweigern werden, der außer leeren Wiegen, einer wachsenden Zahl an ausbildungsunfähigen Jugendlichen, permanenter Zukunftsangst und staatlichem Dirigismus nichts mehr zu bieten hat. Unsere Gesellschaft ist bunt und wird bunt bleiben. Die geistige Käseglocke mancher Protagonisten wird irgendwann zerbrechen und sie werden erkennen, dass niemand ein Recht auf eine bestimmte Gesinnung, Haltung oder Überzeugung eines anderen hat, sondern nur darauf, dass dieser sich an allgemeine Gesetze in Deutschland hält. Nicht mehr und nicht weniger.
Florian Pasterny